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Das "Gesicht" des 450 Wa |
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Allgemeines
Durch Zufall konnte ich im Frühjahr 2001 diesen, für sein Alter noch gut erhaltenen, Pionier 450Wa kaufen. Die Faltbootwerft Pionier in Bad Tölz in Oberbayern, über die heute nur wenig Historisches bekannt ist, hat nach Aussagen einiger Faltbootspezialisten nach dem Zweiten Weltkrieg mit die innovativsten Faltboote gebaut. |
Es soll einen
richtigen Wettkampf zwischen Pionier und einer anderen bayrischen Werft
um das beste Faltboot gegeben haben. Manche Vereine sollen nur Pionier
gepaddelt sein, weil es damals, nach Ihrer Auffassung, das Beste war.
Ende der 50er Jahre / Anfang 60er Jahre wurde die Produktion von Faltbooten
in Bad Tölz eingestellt.
(Nach einer Information von Volker Born schloss die Werft erst 1969 oder 70.) |
Zustand
Das Gerüst befindet sich in einem guten bis sehr guten Zustand. Lediglich eine Sente ist angebrochen, alle anderen Teile sind ganz. Auch der Lack ist noch akzeptabel und macht noch einige Jahre mit. Kleine Schäden gibt es nur am Oberverdeck und die üblichen Probleme mit den Kielstreifen am Unterschiff. Das Unterschiff ist kaum verhärtet, hat aber einige Kratzer. Das Boot überzeugt durch eine stabile Konstruktion, einige interessante Detaillösungen und durch einen aufwendig gearbeiteten Holzsüllrand. Im Herbst 2001 unternahm ich drei kleine Fahrten auf der heimischen Saale. |
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Fahreigenschaften
Zum Anfang scheint der Pionier 450 Wa etwas nervös zu reagieren. Bei falscher Trimmung will er schnell zu einer Seite ausbrechen. Wie der Name schon sagt, hat das Boot seine Stärken im Wildwasser. Auf der Saale zwischen Rudolstadt und Jena zeigte es sich in kleinen Stromschnellen und in Kehrwassern wesentlich wendiger als der E 65 von Pouch. Zudem ist das Boot im leeren Zustand nicht so kippelig wie der E 65. Auf Grund der Süllrandkonstruktion lässt sich das Boot mit den Oberschenkeln verkanten und man kann es sehr schön durch das Wasser dirigieren. Bei einer optimalen Sitzposition lässt sich das Boot leicht ankannten. Leider fehlen in der Serienausstattung Fußstützen, diese würden die Beherrschung des Bootes noch mal etwas verbessern. |
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Bedingt durch die Rumpfform hat das Boot auf normalem Zahmwasser nicht so eine schnelle Endgeschwindigkeit wie der E 65. Man muss sich körperlich mehr anstrengen und braucht Kraft das Boot in der Spur zu halten, aber sobald der Stromzug stärker zunimmt und hier und da mal eine kleine Schnelle auftritt, macht das Paddeln Spaß und auch die Geschwindigkeit stimmt dann. So lassen sich enge Kurven leicht ausfahren und stellen keine Schwierigkeit mehr da. |
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Aufbau
Hat man etwas Erfahrung im Faltbootaufbau und ist nach einer gewissen Zeit im Aufbau des 450Wa eingespielt, steht das Boot in ca. 25-30 min abfahrbereit. Das Montieren eines Steuers entfällt bei diesem Boot selbstverständlich, außerdem gibt es dafür auch gar keinen Beschlag. Für Faltbootpuristen würde ein Ruder am 450Wa sowieso einen unverzeihlichen Frevel darstellen. |
Vier
lange Diagonalstäbe verleihen dem Gerüst hohe Stabilität.
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Wichtig ist beim Aufbau des Bootes, die Diagonalstäbe vor dem Festspannen durch die Spanten 2 und 6 durchzuziehen, sonst müssen die Diagonalstäbe noch mal gelöst werden. Wichtig ist außerdem, die vordere Gerüsthälfte zuerst in die Haut zu schieben und dann erst die Hintere, umgekehrt ist es wesentlich schwieriger. Sitzen beide Gerüsthälften in der Haut, sind die letzten Teile, wie Presskiel, Senten und Dollbordstäbe fast ein Kinderspiel. Der Sitz mit den Schenkelstützen ist noch mal kurz etwas fummelig zu montieren, aber mit etwas Übung lässt sich auch dies schnell meistern. Zum Schluss wird der schöne Holzsüllrand aufgesetzt und mit den Deckstäben verbunden. |
Vor Spant 3 wäre noch Platz für ein Paar solide Fußstützen. | Fazit
Nach zwei Tagesfahrten auf der teilweise recht schnellen Saale, macht das Boot Lust auf stärkeres Wildwasser. Erst dann kann man wahrscheinlich die wahren Stärken des Bootes auf WW II und unverblocktes WW III richtig auskosten. Elmar Engel beschreibt in seinem Buch: "Kanu / Kajak / Faltboot", die WW III als seine liebste Wildwasserstufe: „Wildwasser III ist das schönste! Spritzig, doch nicht zu schwer, aufregend, doch nicht gefährlich! ... Bootstypen wie bei WWI, für Faltbootzweier mit gutem Wasserstand und einer erfahrenen Besatzung“. Erst bei WW IV hört bei dem Autor die Benutzung des Falteiners im Wildwasser auf. |
Ich denke, das
wäre ebenfalls zuviel des Guten für mich, aber auch zu Schade
für diese, mittlerweile seltenen Wildwasserfaltboote. Leider
gibt es heute zu wenig Flüsse mit max. WW II-III über eine längere
Strecke, so dass eine drei- oder viertägige Wanderfahrt in diesem
Boot möglich wäre. Herbert Rittlinger hat Ende der 30er Jahre
nicht umsonst einem seiner beliebtesten Bücher den Titel: „Das bald
Verlorene Paradies“ gegeben. (S.K.B.)
Anfragen per Mail an: skb@arcormail.de |
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