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Als Anfang der 80er Jahre abzusehen war, dass die Familie bald nicht mehr in ein RZ-85 passen würde, kauften wir einen Delphin. Der D140 (1,40m breit und etwa 4m lang) wurde in Wismar bei MTW (damals "Matthias-Thesen-Werft" heute "Meerestechnikwerft") als "Konsumgut für den Bevölkerungsbedarf" gebaut. Er besteht in der üblichen Art eines Faltbootes aus einem herausnehmbaren Holzgestänge und einer PVC-Haut mit Baumwolloberdeck. Im Gegensatz zu den Booten aus Pouch kann die Haut mit gewaltigen Flügelmuttern stufenlos nachgespannt werden, wenn sie sich gedehnt hat. Außerdem sind hinter den Seitenleitern Luftschläuche angebracht (wie bei den Klepper-Booten). Hinter der Mastaufnahme am Hauptspant ist innen auf die Bootshaut ein flacher Sack aus Bootshaut aufgeschweißt, durch den das Steckschwert ins Wasser hinabgelassen wird. Wer mit dem Boot segeln wollte, musste dort aber erst einmal die eigentliche Bootshaut im inneren des Schwertsackes aufschlitzen. Da viele sich den Delphin nur für Motorbetrieb kauften, blieb die Haut oft zu. Sein Vorgängermodell der langgestreckte D110 (1,10m breit) hatte keinen Schwertkasten und war zum Segel nicht so gut geeignet. | Zwar bekam der 140er in der Mitte einen breiteren mehr jollenartigen Rumpf, aber der Heckspiegel wurde leider nicht schmaler gemacht. Wahrscheinlich um auch noch einen mittleren Außenborder tragen zu können. Damit halten sich die seglerischen Qualitäten in Grenzen. Immerhin sieht ein vollgetakelter D140 schon wie ein richtiges Segelboot aus, und wird auch so bedient. Außerdem kann er bequem vier Erwachsene tragen. Besonders raffiniert sind die Bodenleitern. Sie können je nach Verwendungszweck in verschiedenen Höhen als Sitzbänke oder durchgehender Boden eingelegt werden. In der oberen Stellung bilden sie zwischen Schwertkasten und Heckspiegel eine durchgehende Fläche, auf der zwei Personen gut schlafen können. Getreu der Wirtschaftsphilosophie der damals Herrschenden: "Für unsere Bevölkerung reicht das aus" (siehe Trabbi) war die Ausstattung der Delphine nicht sehr üppig. Eine Kabine mit einer großen Windschutzscheibe gab es nur für Motorbetrieb. Segeln war damit unmöglich. Polster für Sitze und Lehnen gab es gar nicht. Die Rudereinrichtung war zum Segeln viel zu klein. Also insgesamt ein weites Betätigungsfeld für einen hemmungslosen Bastler. |
Reff
Über zwei Rollen in der Mastspitze laufen Großfall und Fockfall am Mast herunter zu einfachen Klampen. Die damit verbundene seemännische Wickelei (sogenannter Kopfschlag) war uns im Notfall nicht schnell genug zu lösen, und wurde daher bald durch eine schnellerer Variante mit Trimmhaken und Achtknoten ersetzt. Ebenso bekam die Fock wieder ein Drehreff spendiert, da wir damit am RZ-85 sehr gute Erfahrungen gemacht hatten. Das Großsegel ist bereits vom Hersteller mit einem Drehreff ausgestattet. Der Großbaum muss gegen eine Feder ein Stück vom Mast weggezogen und gedreht werden. Hat man genug Segeltuch aufgewickelt, lässt man ihn wieder los und er rastet in einen Vierkant ein, der verhindert, dass er sich allein wieder zurückdreht. So wie im Foto haben wir das Boot aber immer nur für kurze Zeit liegen gelassen. Über Nacht wurden die empfindlichen Segel abgenommen, der Großbaum aufgebockt und alles mit einer Plane abgedeckt |
Es ist auch möglich, die Kabine nur über den vorderen Glasfiberbogen zu hängen um einen kleinen Windschutz für die Besatzung im Vorschiff zu bekommen, der die freie Sicht nach den Seiten nicht so sehr beeinträchtigt. Die Form der Kabine passt genau unter den Großbaum. Mit einem "wasserdichten" Steuermann kann man also auch bei Regen und mit aufgespannter Kabine noch weitersegeln. Der muss dann allerdings auch die Fockschoten bedienen. Durch die leichte Bauweise drückt der Wind die Kabinenseiten an Luv etwas nach innen. Da die Ränder der Kabine auf dem Süllbord nicht weiter befestigt sind, spritzt dort auch immer eine geringe Menge Regenwasser hinein. Trotzdem ist es darunter relativ gemütlich. |
Holzruder
Die mitgelieferte Rudereinrichtung erwies sich wie schon früher beim RZ-85 als zu klein. Deshalb bauten wir aus 10 mm dickem Sperrholz eine komplette eigene Rudereinrichtung. Das mehr als doppelt so große Ruderblatt war an den Kanten stark geschäftet und x-mal mit Bootslack gestrichen. Es konnte mit einer Leine in in einer Streckerklemme sogar bis über die Senkrechte hinaus heruntergezogen werden. Dieses Teil war außerordentlich wirkungsvoll. Durch den Ausleger auf der Pinne war es möglich sehr weit vorne auszureiten und das dicke Heck zu entlasten. |
Fazit | Zerlegbarkeit,
Aufbau,
Einsatzmöglichkeiten,
Segeleigenschaften, Schwachstelle, Erfahrungen |
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Unbestreitbar hat der Delphin zunächst einmal den Hauptvorteil eines Faltbootes: die Zerlegbarkeit. Während man ein zerlegtes und verpacktes RZ-85 durchaus allein von der Stelle bekommt, sind die drei unterschiedlich geformten Packtaschen und die 2 m lange Stabtasche des Delphin aber sehr unhandliche Gepäckstücke. Dazu kommen bei unserem Boot noch ein Segelsack und ein Beschlägebeutel. Ohne Auto war es echt schwierig. Faltbootmäßigen Bahntransport haben wir gar nicht versucht. Nur zu Saisonende mieteten wir manchmal einen dieser kleinen Bahn-Container (ca. 1m³ Fassungsvermögen) die für den Bevölkerungsbedarf sehr billig waren und uns zu Hause bis vor die Haustür gefahren wurden. |
Der Aufbau des Delphin ist um einiges komplizierter als der des RZ-85. Da wir ihn immer die ganze Saison aufgebaut ließen, wurde er auch stets besonders sorgfältig zusammengesetzt. Das dauert im allgemeinen mehrere Stunden und geht vor allem bei der verzwickten Heckkonstruktion nie ohne einen Blick in die Bauanleitung. Die Verbindungen und Beschläge sind trotzdem wesentlich besser durchdacht und bedienungsfreundlicher als beim RZ. Es soll Experten gegeben haben, die es unter einer Stunde schafften. Ebenso gab es Leute die nach dem ersten Aufbau so fertig waren, dass sie ihren Delphin nie wieder zerlegten und ihn lieber über Winter im Ganzen in irgendeinen Schuppen einlagerten. |
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Die Einsatzmöglichkeiten als Motorboot oder Segelboot eröffnen dem Delphin ein weites Betätigungsfeld. Manche nutzten ihn mal so mal so. In beiden Varianten wurde er auch häufig als Wanderboot eingesetzt. Platz für Gepäck ist im Vorschiff ausreichend vorhanden. Eine gelenkige Zweimannbesatzung kann das Zelt ruhig daheim lassen. Unter der als Zubehör erhältlichen Persenning können zwei normalgewichtige Personen ganz gut schlafen, wenn sie alle Ritzen zwischen Persenning und Bootshaut sorgfältig zustopfen. Vor allem am Heckspiegel ist ein großes Mücken-Einflugloch, das einem den Spaß am schwankenden Doppelbett schnell verderben kann. Da die Originalpersenning über den waagerecht liegenden Großbaum gespannt wurde, und es uns in dieser Hütte einfach zu eng war, nähten wir eine eigene für die der Baum wie beim Segeln schräg nach oben zeigte. Darunter hatten wir zumindest am Heck reichlich Platz. |
Über die Segeleigenschaften haben wir uns schon geäußert. Den Vergleich mit richtigen Segelbooten kann ein D140 nicht standhalten. Hauptursache: das breite und schwere Heck. Wer aber keine Wettfahrten damit veranstalten und in erster Linie gemütlich vorankommen will, ist bestens bedient. Beim Ausreiten hart am Wind verdreht sich der Bootsrumpf leicht. Während das Vorschiff eine entsprechende Schräglage einnimmt, bleibt das Heck fast gerade. Mit dem viel zu kleinen Originalruder sind Wenden manchmal fast so problematisch wie auf dem Paddelboot. Ein vergrößertes Holzruder bringt hier mehr Wirkung, Gewichtsverringerung und zusätzlichen Auftrieb am Heckspiegel. Obwohl dieser geräumige und leicht zugängliche Bereich dazu verlockt, haben wir es uns meistens verkniffen, dort Gepäck unterzubringen. Die Abstimmung von Rumpf und Rigg ist sehr auf Sicherheit ausgerichtet. Wir haben den Delphin nie umgeschmissen. |
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Eine gravierende Schwachstelle muss jedoch noch unbedingt hervorgehoben werden. Das lange Steckschwert hat in seinem engen Schwertsack nur sehr wenig Spielraum. Es kann nicht bei Grundberührung einklappen. Auf dem Serrahner See brachte das einen Rostocker Segler in ernste Bedrängnis. Der knallte bei kräftigem Wind raumschots segelnd mit dem voll ausgefahrenen Schwert auf einen Stein und machte gewissermaßen Harakiri. Das Boot schlitzte sich mit seinem eigenen Schwert den Bauch auf. Gerettet wurde er durch ein Motorboot, das ihn mit so hoher Geschwindigkeit heimschleppte, dass bei entsprechender Gewichtsverlagerung das Leck aus dem Wasser kam. Der halbe Campingplatz sah zu, wie er dann in der Badestelle allmählich absoff. Wir haben nach dieser Geschichte stets sehr genau auf Untiefen geachtet und das Schwert immer rechtzeitig ein Stück aufgeholt. |
Obwohl wir uns noch etwas mehr davon versprochen hatten, brachte uns die Zeit mit dem Delphin doch viel Spaß und einige interessante Erfahrungen. Anfang der 90er Jahre fuhren wir dann allerdings immer seltener damit und dafür wieder häufiger mit dem RZ-85. Außerdem war es im wiedervereinigten Deutschland endlich möglich, an ein ordentliches Surfbord zu kommen. Surfen machte doch um einiges mehr Spaß als "Rentnersegeln". Eine gemeinsame Ausfahrt von RZ-85 und D140 wurde nur einmal versucht. Die Boote waren viel zu unterschiedlich. Wir kamen immer mehr zu der Überzeugung, dass ein zweites RZ-85 wohl die bessere Entscheidung gewesen wäre. Das brachte uns schließlich dahin, den D140 wieder zu verkaufen. (Die Fotos entstanden unmittelbar vor diesem Verkauf.) Der Käufer, ein Campingnachbar hat dann noch am selben Tag erst mal gleich einen Motor rangehängt. |
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Post Der Delphin D140 war früher in Ostdeutschland sehr weit verbreitet. In Internet haben wir aber noch recht wenig zu diesem Bootstyp gefunden. Wer eigene Erfahrungen mit einem solchen Segelfaltboot gemacht hat, ist uns als Gesprächspartner herzlich willkommen: derpoly@t-online.de |
J+J 12.03.2000 |
wurde stark gekürzt, umformuliert und mit eigenen Kommentaren versehen. Einen vollständigen Nachdruck der D140-Aufbauanleitung mit dem Originaltextin der Zeitschrift "Spantenbruch Nr.1" kann man vom "Historischen Faltbootkabinett" erhalten. |
Bild
1
Bild 2 Bild 3 Bild 4 Bild 5 Bild 6 Bild 7 Bild 8 Bild 9 Bild 10 Bild 11 Bild 12 Bild 13 Bild 14 Bild 15 Bild 16 Mastteile und Großbaum Großfall / Fockfall Wanten Rudergehäuse Ruderblatt Mastschellen Mastrolle Mastbeschlag Baumendbeschlag Masthaltebeschläge an Spant 5 Püttinge (Wantenhalter) Einscheibenblock Zweischeibenblock Schraubschäkel |
Aufbau des Bootskörpers Alle Taschen auspacken
und die Teile übersichtlich sortieren
Neben der Bootshaut (auf der Wiese) anfangen: 1. Spant 6 in vorderes
Schirmteil einsetzen und verriegeln (Bild 1)
2. Mittleres Kielteil
an vorderes Schirmteil anstecken (ähnlich Bild 2).
3. Spanten 5, 4, 3 einsetzen und mit den Bordwänden verriegeln. (wie in Bild 1) 4. Spantbrücke
mit Deckstab vor Spant 6 in die Öffnungen der Bordwände
drücken.
5. Vordere Luftschläuche
mit den Ventilen nach innen hinten über die Bordwände
6. Die soweit zusammengesetzte
Baugruppe
im ganzen Stück in die Bootshaut
7. Heckspiegel einsetzen,
Bootshautrand in den Schlitz auf dem Spiegel drücken und
8. Hintere Luftschläuche
anknöpfen und Ventile durch die Bordwandöffnungen (Bild
5)
9. Bordwände
mit Spiegel verbinden und dabei spannen. (Bild 6)
10. Spannbügel
von vorn mit der offenen Seite nach hinten über die Spannschrauben
11. Spanten 2 und
1 einbauen. (ähnlich Bild 1)
12. Spannleisten in
die Taschen am Vordeck schieben und von oben
13. Schwertkastenabdeckung
durch Spant 5 stecken (Bild 8) dort mit Stift sichern und
14. Seitendeckteile
zusammenschrauben (unsere waren nicht durch Scharniere
15. Zusätzliche Distanzstütze
auf dem hinteren Kiel nach hinten klappen und
Einbau der Trittböden Die beiden abgeschrägten Trittböden (4) kommen ganz unten zwischen Spant 4 und 5. Sie verstärken den Schwertkasten und werden beim Aufstellen des Mastes vom Mastschuh fest verriegelt. Im Motorfahrbetriebsetzt
man die mittleren Trittböden (2) ganz unten auf die unteren Holme
der Spanten 1,2,und 3. Die vordere Sitzbank (Trittboden 3) liegt vorn auf
Spant 4 und hinten mit der senkrecht heruntergeklappten Sitzstütze
auf Spant 3 auf.
Für Übernachtungen unter der Persenning kann man die hintere Sitzbank (Trittboden 1) zwischen den Sentenabschluß und Spant 1 einlegen. Die beiden Trittböden (2) werden in der oberen Stellung auf die obere Traverse von Spant 1, die Sitzbrücke und die vordere Sitzbank (Trittboden 3) gelegt. Dadurch ergibt sich zwischen Schwertkasten und Heckspiegel eine durchgehende Liegefläche von etwa zwei Metern Länge die zwei normalgewichtigen Personen ausreichend Schlafplatz bietet. Zum sportlichen Segeln kommen alle Trittböden zwischen Spant 1 und 4 in die untere Stellung und die hintere Sitzbank zwischen Sentenabschluß und Spant 1. Dadurch ergibt sich eine lange weitgehend offene Plicht mit guter Bewgungsfreiheit für die Besatzung, in der nur Spant 4 am hinteren Ende des Schwertkastens eine gewisse Stolperfalle darstellt.
Längenverstellung des Bootsgerüstes Am Steven (Bilder 14 und
3) und am Heckspiegel (Bilder 5 und 7) befinden sich mehrfach gelochte
Beschläge, die eine stufenweise Längenverstellung des Gerüstes
ermöglichen, falls sich die Haut nach längerer Nutzung stark
gedehnt hat.
Abbau des Bootes. Stöpsel aus den
Luftschläuchen ziehen und dann
Zubehör Steuereinrichtung
Windschutzscheibe
Vorderes Wetterschutzverdeck
Hinteres Wetterschutzverdeck
Wichtig! Aus Sicherheitsgründen darf nicht mit aufgebautem hinteren Wetterschutzverdeck gefahren werden!
Aufbau des stehenden und laufenden Gutes 1. Beide Püttinge
oder Wantenhalter (zweifach gewinkelten Alustreifen) zwischen
2. Schotklemmen für
die Fockschoten (Bedienungsleinen des Vorsegels) etwa auf
3. Mast zusammenstecken
und verschrauben. Vorstag, und Wanten (die drei
4. Fockfall in den
Einscheibenblock und Großfall von hinten nach vorn
5. Die vier Enden
der beiden Fallen am unteren Mastteil belegen (festbinden).
6. Mastschuh über
Trittboden 4 von vorn nach hinten in Spant 5 stecken (Bild 8).
7. Vorstag an der
Mutter auf der Bugspitze (im vorderen Loch) und Wanten an den
8. Großbaum
mit der dazugehörenden Senkkopfschraube am Lümmelbolzen
9. Ruder anbauen (siehe
oben) und Schwert in Schwertsack stecken.
Segelsetzen (Boot mit dem Bug gegen den Wind!) 10. Vorsegel mit dem
Segelhals
(die Ecke mit dem Segelmacherzeichen)
11. Beide Fockschoten
ausbreiten (sie dürfen nicht miteinander verwickelt sein),
12. Großsegel
mit der Unterliek (Unterkante mit eingenähter Schnur) von vorn
nach
13. Kopfbrett des
Großsegels (angenietete Aluplatten) am Großfall anschäkeln
und
14. Einscheibenblock mit
Unterbügel am Schotring (große C-förmige
Aluklaue)
15. Zuerst das Vorsegel
mit dem Fockfall setzen (hochziehen bis das Vorliek straff
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Große
Spantentasche
Trittboden Nr. 3 Trittböden Nr. 2 Spant Nr. 2 Spant Nr. 3 Spant Nr. 4 Spannbügel Bootshaut Stäbe für Schwertsack Luftschläuche |
Kleine Spantentasche
Trittboden Nr. 1 Trittboden Nr. 4 Spant Nr. 1 Spant Nr. 5 Spant Nr. 6 Waschbordabschluß Heckspiegel Kielleiste hinten mit Distanzstütze Kielleistenabschluß Senten Schwertkastenabdeckung Rückenlehnen Oberdeck-Spannleisten Schraubenbeutel |
Stabtasche
Kielleiste mitte Vorderes Schirmteil Verschlußschiene Deckstab Bordwände Zubehör
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